1.2 Zusammenleben von Organismen in Biozönosen naturnaher ÖS
1.2.1 Beziehungen zwischen Produzenten, Konsumenten und Destruenten
Stoffkreislauf/Materiekreislauf
- es entsteht ein Energiefluss
Nahrungskette
- Abfolge von Organismengruppen, die bezüglich ihrer Ernährung voneinander abhängen
Bsp. Produzenten à grüne Pflanzen
Konsumenten 1. Ordnung à Pflanzenfresser (Herbivore)
Konsumenten 2. Ordnung
Konsumenten 3. Ordnung è Tier-/Fleischfresser (Carnivore)
Konsumenten höherer Ordnung
Destruenten à Mineralisierung von Produzenten und Konsumenten
Nahrungsnetz
- Individuen einer Art können vielen anderen Tierarten als Nahrung dienen
z.B. Uhu frisst Vögel und Mäuse
Trophiestufen = Ernährungsstufen = Nahrungspyramide
- unterste Stufe Produzenten
- alle folgenden sind Konsumenten
- Destruenten entnehmen ihre Nahrung allen Ebenen
- es gibt Zahlenpyramide
Biomassenpyramide
Energiepyramide
- Werte der Individuenanzahl und Biomasse nehmen von Stufe zu Stufe ab
- Konsument ist größer als seine Beute
à somit kommen große Arten in geringerer Anzahl vor
Gründe für Biomasseverlust
1. Es wird nicht die ganze verfügbare Biomasse einer Stufe von Angehörigen der nächsten Stufe gefressen.
2. Die von Konsumenten als Nahrung aufgenommene Biomasse kann nicht vollständig verwertet werden.
3. Der nutzbare Teil wird nicht nur den Aufbau von Körpersubstanz sondern vor allem für die Energieversorgung verwendet, d.h. veratmet.
Dabei wird Energie als Wärme abgegeben.
Energiefluss
- aus der Nahrung aufgebaute organische Substanz enthält weniger Energie als in der Nahrung enthalten war, weil nicht alle Nahrungsbestandteile genutzt werden
- außerdem wird bei Energieumwandlung ein Anteil in nicht nutzbare Wärmeenergie umgewandelt
à Abgabe an Umgebung
- Energietransfer durch ÖS, von einer Trophiestufe zur nächsten = Energiefluss
- bei der Weitergabe der Energie in der Nahrungskette verringert sich die Energiemenge von Stufe zu Stufe um 10%
- Pflanzen nutzen photosynthetisch nur 1%
- gleichwarme Tiere nutzen die Energie noch zur Aufrechterhaltung der Körpertemperatur
1.2.2 Intra- und interspezifische Beziehungen
· intraspezifisch = innerartlich
- Sexualbeziehungen
- Brutfürsorge
- Kommunikationsformen
- Tiergemeinschaften / -verbände
- Intraspezifische Konkurrenz
- Populationsdynamik
· interspezifisch = zwischenartlich
- Interspezifische Konkurrenz
- unterschiedliche Nahrungsbeziehungen
- Räuber-Beute-Beziehung
- Parasitismus
- Saprophytismus
a) Intraspezifische Beziehungen
· Sexualbeziehungen
- Anlockung durch Duftstoffe von Männchen oder Weibchen ist artspezifisch
z.B. Seidenspinner- Männchen
- Duftstoffe = Signalstoffe = Pheromone
- artspezifische Laute zum Auffinden des Geschlechtspartners
- Anlockung des Weibchens durch auffällige Färbung (Fell/Gefieder)
· Kommunikationsformen
- Verständigung zwischen artgleichen Organismen erfolgt durch
- Alarm-, Markier- und Spurstoffe z.B. Ameisenstraßen
- Farben und Muster
- Bewegungen z.B. Biene, durch Rund- oder Schwänzeltanz (Übermittlung von Entfernungen)
- artspezifische Laute
- Kommunikationsformen sind artspezifisch
· Brutpflege
- artspezifisch
- ist das Verhalten der Elterntiere ggü. den Nachkommen
- je mehr Nachkommen vorhanden sind, desto geringer ist die Brutpflege
- Unterscheidung zwischen Nesthocker und Nestflüchter
· Tierverbände = Sozialverbände
- Aggregation
= eine zufällige Ansammlung von Tieren aufgrund von besonderen Umweltbedingungen
z.B. Ansammlung von Quallen durch Wasserströmung
- anonyme Verbände
= Arten schließen sich zu einem Schwarm zusammen, kennen sich aber untereinander nicht
à offener, anonymer Verband
- bei Fischen kann sich jeder Artgenosse anschließen
- Zu- und Abwanderung möglich
- kennen sich aber untereinander nicht
à geschlossener, anonymer Verband
- Tiere erkennen sich am Geruch, aber nicht persönlich
- Zuwanderung von fremden Artgenossen nicht möglich
z.B. staatenbildende Insekten wie Bienen, Ameisen
- individueller Verband
- Tiere kennen sich untereinander persönlich
- es entsteht eine Rangordnung
- keine Zuwanderung von fremden Artgenossen
- Abwanderung von Tieren möglich
z.B. Wolfsrudel, Affengruppe
· intraspezifische Konkurrenz
- zwischen den Artgenossen einer Population herrscht ein Wettbewerb um biotische und abiotische UF
- es herrscht Nahrungs- und Lebensraumkonkurrenz sowie Konkurrenz um den Geschlechtspartner sowohl bei Tieren als auch bei Pflanzen
· Populationsdichte
- ist die Anzahl der Individuen einer Art in einem abgegrenzten Lebensraum
- Vermehrung kann nur bis zur max. Populationsdichte erfolgen, da Ernährung und Fortpflanzung gesichert sein müssen
è Einhaltung der Individualdistanz
- hohe Bestandsdichte kann zu Veränderungen des Verhaltens führen
z.B. Einschränkung der Vermehrung durch sozialen Stress
à dichteabhängige Faktoren - innerartliche Konkurrenz
- Feinde (Parasiten, Räuber)
- Krankheiten
- sozialer Stress
à dichteunabhängige Faktoren - zwischenartliche Konkurrenz
- Klimaeinflüsse wie Temperatur, Niederschläge, Luftfeuchtigkeit, dazu ihre Folgen wie Dürre und Überschwemmung
b) Interspezifische Beziehungen
· interspezifische Konkurrenz
- Arten mit gleichen oder sehr ähnlichen ökologischen Bedürfnissen können nicht nebeneinander existieren
= Prinzip des Konkurrenzausschlusses
z.B. Pantoffeltierchen - Paramecium aurelia und caudatum
- bevorzugen als Nahrung Bakterien im oberen Teil des Kulturgefäßes
- P. caudatum wird durch P. aurelia verdrängt
- aufgrund unterschiedlicher ökologischer Bedürfnisse, die sich auch nur geringfügig unterscheiden können, können artverschiedene Organismen in einem gemeinsamen Lebensraum existieren
= Prinzip der Konkurrenzminderung
è Prinzip des Zusammenlebens artverschiedener Organismen in einem Lebensraum
è ökologische Nischen
z.B. Pantoffeltierchen - P. aurelia und P. bursaria
- um die Nahrung überleben beide Arten, weil die angebotenen Umweltbedingungen unterschiedlich genutzt werden
- P. aurelia bevorzugt oberen Teil des Kulturgefäßes und P. bursaria ernährt sich von absinkenden, meist abgestorbenen Bakterien im Bodenbereich
· Wachstum und Population
> exponentielles Wachstum
- Anzahl der Individuen verdoppelt sich mit jeder Generation
> stationäre Phase
- wenn die Kapazität K, die maximale Individuenzahl, im betreffenden Lebensraum erreicht ist
> Population
- in der Natur bilden artgleiche, eukaryotische Organismen in ihrem gemeinsamen Verbreitungsgebiet eine Fortpflanzungsgemeinschaft
Modell des exponentiellen Wachstums
- Wachstum einer Population hängt von Geburten und Todesfällen sowie von Zu- und Abwanderung ab
- Wachstumsrate r (Änderung der Individuenanzahl N pro Zeiteinheit) ergibt sich auch der Differenz der Geburtenrate b und der Sterberate m
- der tatsächliche Zuwachs an Bakterien pro Zeitintervall (dN/dt) ergibt sich aus dem Produkt der Anzahl vorhandener Bakterien N und der Wachstumsrate r
> Oszillation
- regelmäßige Schwankungen der Bestandsdichte
z.B. Sterberate Lärchenwickler sinkt à Nadelentwicklung der Lärche steigt
Verlauf
- unter realen Bedingungen exponentielles Wachstum nur zu Beginn
- pro Zeiteinheit nimmt Anzahl der Teilungen zu à Teilungsrate steigt
- wachsende Anzahl führt zu Nahrungsmangel und Anhäufung giftiger Stoffwechselprodukte
à Bakterien teilen sich nicht mehr und sterben ab
à kein exponentielles Wachstum mehr
à Teilungsrate sinkt, Absterberate steigt
è Wachstumsrate erreicht Gleichgewichtszustand
- pro Zeiteinheit sterben genauso viele Bakterien wie neue entstehen
à Kapazität K ist erreicht = maximale Individuenanzahl im Lebensraum
è Stationäre Phase
- Wachstum, das sich laufend verlangsamt bis Anzahl konstanten Wert K angenähert hat
è logistisches Wachstum
- es gehen mehr Bakterien zugrunde als neue gebildet werden
è Absterbephase
· Räuber - Beute - Beziehung / Populationsdichte
- je mehr Räuber desto weniger Beute oder umgekehrt
- je mehr Beute desto mehr Räuber oder umgekehrt
1. LOTHA-VOLTERRA’sche Gesetze
- Räuber/Beute Individuenanzahl schwanken auch bei konstanten Bedingungen periodisch
- Maxima - Minima Phasen verschoben
2. LOTHA-VOLTERRA Regel
- trotz periodischer Schwankungen Durchschnittswerte konstant
3. Gesetz
- - gleichermaßen reduziert
à Erholung der Beute rascher als der Räuber
- Anzahl der Beutetiere immer höher als der Räuber
Massenwachsen
- Regelsysteme mit langen Verzögerungen (Räuber-Beute-System) weisen wiederkehrende Schwankungen der Populationsdichte auf
- man bezeichnet derartige Populationsschwankungen als Populationswellen oder Massenwachsen
z.B. Maikäfer
>Methoden des Beutefangs
- Betäubung durch Gift
- Bau von Fangnetzen
- Aufspüren der Beute durch Ultraschall
z.B. Ameisenlöwe - versteckt sich am Grunde einer Sandtrichterfalle
à Ameisen oder Laufinsekten gelangen in den Trichter
à Ameisenlöwe bewirft Beute mit Sandkörnern
à Beute rutscht ab
> Methoden der Abwehr von Fressfeinden
- aktiv beißen, schlagen oder absondern von Sekreten
- passiv durch mechanische Schutzeinrichtungen bei Tieren
z.B. Panzer der Schildkröte
Stachelkleid des Igels
- passiv durch Mechanische Schutzeinrichtungen bei Pflanzen
z.B. Dornen
Bittere Inhaltsstoffe
Bsp. Wolfsmilchgewächs sondert bei Verletzung einen weißen, giftigen Saft ab
à dem Wolfsmilchschwärmer kann dieses Gift nichts anhaben
è Ein Schutz gegen unspezifische Fressfeinde versagt bei Nahrungsspezialisten.
> Schutztrachten
- Tarntrachten - äußere Erscheinung an Umgebung angepasst
- Farbwechsel
- Nachahmungstrachten - an Gegenstände im Lebensraum angepasst
- Schrecktracht - auffällige Körperbezeichnung
- Warntracht - vermittelt Ungenießbarkeit der Beute
oder
- Wehrhaftigkeit der Beute
Mimikry - Scheinwarntracht
- wehrlose Insekten oder Tiere die gefährliche Artgenossen durch Färbung oder Verhalten nachahmen
z.B. Schmetterlinge, Schlangen
- Fressfeinde lernen aus der Erfahrung der Begegnung mit den Vorbildern
à Schutzeffekt hängt davon ab, dass ungenießbare Art weit häufiger vorkommt, sonst würde Räuber die Erfahrung machen, dass Tiere mit diesen Merkmalen genießbar sind
- aggressive Mimikry, manchmal sind Räuber auch Nachahmer
z.B. Seeteufel à Teil der Rückenflosse ähnelt einem Wurm
Anglerfische in Tiefsee à Angel trägt ein Leuchtorgan, welches Beuteorganismen anlockt
· Parasitismus
> Halbparasit
z.B. Mistel entzieht Bäumen Nährstoffe, kann aber selbst Photosynthese betreiben
> Außenparasit
z.B. Kopflaus, ist abhängig vom Wirt, durch besondere Merkmale an Lebensweise angepasst
wie Haft- und Klammerorgane, Flügellosigkeit
> Innenparasit
z.B. Bandwurm, ist abhängig vom Wirt, noch extremere Anpassungserscheinungen, Fortpflanzungssystem stark entwickelt wegen Problem der Wirtsfindung, haben weder Darm noch Blutgefäße
Übersicht interspezifische Beziehungen
Interspezifische Beziehungen
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Probiose
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Symbiose
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Antibiose
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Darunter versteht man, dass eine Art einen Vorteil hat ohne eine andere Art zu schädigen
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Darunter versteht man, dass beide Arten im Beziehungsgefüge einen Vorteil voneinander haben
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Darunter versteht man, dass eine der beiden Arten geschädigt oder geschwächt wird
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Ausgewählte Formen
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Beisiedlung
z.B.
> Eiderente nistet in einer Seeschwalbenkolonie (Schutz)
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Allianz
z.B.
> Antilopen und Strauße in einer Herde
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Interspezifische Konkurrenz
z.B.
> um Wasserstellen
> Wildkräuter und Weizen auf einem Feld
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Aufsiedlung
z.B.
> Brombelie sitzt auf einem Baum
> eine Seepocke sitzt auf einer Miesmuschel
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Mutualismus
z.B.
> Verbreitung von Samen durch Vögel
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Räubertum
z.B.
> Löwin jagt und frisst Antilope
> eine Katze jagt eine Maus
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Einmietung
z.B.
>Krebschen leben in Kanälen eines Schwammes
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Symbiose im engeren Sinne
z.B.
>Einsiedlerkrebs und Seeanemone
- Seeanemonen bekommen durch Krebs Nährstoffe
- Krebs hat Schutz
>Mykorrhiza
> Knöllchenbakterien und Lupine
> Flechte
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Parasitismus
z.B.
> Fuchsbandwurm
> Eichengallwespe
> Kopflaus
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Kommensalismus
z.B.
> Schakal folgt Löwen und frisst Beutereste
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Pathogenie
z.B.
> Getreiderostpilze
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Beispiele für interspezifische Beziehungen
> Flechte
- Zusammenleben von Algen und Pilzen
- Pilzmycel gibt Flechte Form und nimmt Wasser auf
- Flechte sondert organische Säuren ab welche dem Untergrund Mineralstoffe lösen
- Algen sind auf diese Mineralstoffe angewiesen
- Pilz ernährt sich von energiereichen, organischen Stoffen welche Algen herstellen
- ermöglicht Leben an Standorten, wo beide allein nicht überleben können
z.B. Wüsten, Antarktis, Hochgebirge